Bericht Ötzi 2024
Führung durch die Ausstellung „Ötzi. Der Mann aus dem Eis“
im Landesmuseum Natur und Mensch Oldenburg
An 19.März 2024 haben wir mit einer kleinen Gruppe die Sonderausstellung über den wahrscheinlich bedeutendsten archäologischen Fund der letzten 50 Jahre in Europa besucht.
Im Ausstellungsraum fiel sofort eine lebensgroße menschliche Figur auf, die mit Fellen bekleidet war. Sie ist eine lebensnahe Nachbildung eines Mannes aus dem Übergang von der Jungsteinzeit zur Kupferzeit vor 5 300 Jahren. Seine mumifizierte Leiche wurde 1991 zufällig durch Bergwanderer im Gletschereis der Ötztaler Alpen gefunden. Sein Gesicht und der übrige Körper sind mit neuesten kriminalmedizinischen Methoden anhand des mumifizierten Körpers nachgebildet worden. Er war etwa 45 bis 50 Jahre alt und 160 cm groß. Auch die Kleidung, die Waffen und andere Ausrüstungsgegenstände sind naturgetreu rekonstruiert worden. Dabei zeigte sich, dass sie durchaus zweckmäßig und für das Klima in den Bergen über 3 000 m Höhe geeignet waren. Die Kleidung war sehr geschickt aus den Fellen von Ziegen, Schafen und gejagten Tieren zusammengenäht. An den Füßen trug er Lederschuhe aus Rindsleder, die mit Heu als Wärmeisolierung ausgepolstert waren. Alle Gegenstände wurden mit den seiner Zeit zur Verfügung stehenden Werkzeugen und nach den damals üblichen Methoden nachgebildet. Als Waffe und für die Jagt war er mit einem Langbogen aus Eibenholz, einem Messer mit einer Feuersteinklinge und mit einem Beil mit einer Kupferklinge ausgerüstet.
In einem Lederköcher steckten mehrere Pfeilschäfte mit Federn. Zwei Pfeile waren mit steinernen Spitzen versehen. Als weitere Ausrüstung dienten ein Traggestell als Rucksack und ein Lederbeutel mit Nahrungsvorräten, messerscharfen Steinklingen und einer Ahle aus Knochen zum Nähen.
Der Tote hat sich wohl nicht vorstellen können, dass er einmal in 5 300 Jahren nach seinem Tod weltweites Aufsehen erregen und Gegenstand eines diplomatischen Streits zwischen Österreich und Italien würde. Nach genauen Nachmessungen wurde festgestellt, dass der Fundort 95 m von der Grenze zwischen beiden Ländern entfernt auf italienischem Gebiet liegt. Die Mumie liegt jetzt in Bozen und wird mit aufwendigen Methoden erhalten, damit auch künftig weitere Untersuchungen mit dann noch besseren innovativen Verfahren möglich sind.
Wo und wie hat „Ötzi“ gelebt?
Der Mageninhalt zeigt, dass er noch eine Stunde vor seinem Tod gut gegessen hatte. In den Verdauungsorganen fanden sich überwiegend Fleischreste von Haustieren und Wild und zusätzlich Getreide, dass durch Ackerbau gewonnen wurde. Er muss in einem der Nachbartäler aufgewachsen sein. Das Material der Steinwerkzeuge wurde nicht in der Nähe gewonnen. Das Kupfer der Axtklinge stammt aus der Toskana, denn schon damals war Handel über größere Entfernungen üblich.
Was hat seinen Tod verursacht?
Ötzi starb einen gewaltsam herbeigeführten Tod. Neben der archäologischen Bedeutung ist der Fall auch kriminalistisch ein besonderer „Cold Case“. Nach CT- und MRT- Untersuchungen wurde eine steinerne Pfeilspitze hinter einem Schulterblatt entdeckt. Zusätzlich wurden Schädeltraumata gefunden. Der Tod ist wohl nicht sofort, sondern erst später aufgrund hohen Blutverlustes eingetreten. Der Pfeilschaft wurde herausgezogen. Anzunehmen ist, dass der Schütze ihn als Beweismittel entfernt hat oder um ihn wieder zu verwenden. Die Axt mit Kupferklinge und das Messer müssen seiner Zeit sehr wertvoll gewesen sein. Warum er diese am Ort zurückgelassen hat, ist ungeklärt.
Der Pfeilschuss ging in den Rücken des Opfers und durchschlug ein Schulterblatt. Daher wird der gewaltsame Tod oft als Mord bezeichnet. Wir kennen die Vorgeschichte und die Motive nicht. Diese Bewertung und nach unseren heutigen Moral- und Rechtsauffassungen ist meines Erachtens fragwürdig.
Zum Abschluss dieser besonders interessanten Führung konnten wir uns in Fellkleidung, wie sie Ötzi trug, fotografieren lassen. Die Fotos zeigen unsere Gruppe nach der Führung und unseren Sprecher, Klaus Bock, in Fellkleidung wie Ötzi.
Udo Herzog